Zeichnungen von Vorschulkindern zeigen häufig den Beginn von einfachen Schreibübungen.
Zeichnen und Schreiben sind noch nicht deutlich voneinander getrennt: Striche werden zu Gebilden zusammengefügt, die Buchstaben ähneln. Einzelne Buchstaben des eigenen Namens werden ohne erkennbares System geübt. Einzelne Silben werden zu Wörtern zusammengefügt und oft in ähnlicher Anordnung wiederholt. Namenszüge erscheinen in groben, ungelenken Strichen. Wie in freien Zeichenübungen wird mit Strichen, Linien und Punkten experimentiert…
Margarete Rettkowski-Felten berichtet über Ergebnisse einer Untersuchung zum Phänomen der Spiegelschrift in Zeichnungen von Vorschulkindern und über ästhetische Bildung als vorschulische Literacy-Erziehung.
Meist finden sich die Schriftgebilde an freien Stellen der Zeichnungen, zum Beispiel im Himmel. Buchstaben und Schriftzüge erscheinen ungeordnet zwischen Wolken, Häusern und Bäumen. Oft wird die Zeichnung gedreht, um der Schrift mehr Bedeutung zu geben.
Schrift und Bild meinen dasselbe, doch die Schrift gibt dem Dargestellten mehr Bedeutung. Eine Frauenfigur wird mit dem Schriftzug MAMA versehen; oft tauchen Wiederholungen einzelner Buchstaben und neue Wortschöpfungen auf, zum Beispiel AMAM, MAMM:MAA oder AMAM und WAMA. Die Buchstaben purzeln auf den Kopf, sind seitenverkehrt oder verdreht.
Erstaunlich und auffallend ist das Rückwärtsschreiben in Spiegelschrift.
Ungelenk verbiegen sich die Buchstaben rückwärts zum Geschehen auf der Zeichnung, sind mit größter Anstrengung, mit zittriger Hand und verkrampften Fingern auf das Blatt gebracht. Nicht leicht und spielerisch wie die ersten Versuche entstehen diese Schreibgebilde. Konzentration und Wahrnehmung sind bis zum Äußersten angespannt. Das Kind kann seinen eigenen Leistungen nur schwer folgen und den eingeschlagenen Schreibweg nur mühsam beibehalten. Es bemerkt die Spiegelung nicht und ist nach getaner Tat stolz auf sein Werk, dreht die Zeichnung, erzählt über die Schrift, erklärt die Wörter – aber es ist sich der Spiegelschrift nicht bewusst.
Physikalisch-biologische Gesetzmäßigkeiten der Wahrnehmung im Auge und ihre Auswirkungen auf das Schreibverhalten
Wie kommt es zu der rückwärts laufenden Spiegelschrift?
Beobachtungen zeichnender und schreibender Kindern lassen einen vorläufigen Schluss zu: Die Wahrnehmung im Auge selbst deutet auf dieses Phänomen hin.
Schrift und Buchstaben sind abstrakte, nicht dingliche Zeichen, die das Kind nur durch das Auge wahrnimmt. Die visuelle Wahrnehmung im Auge beruht auf einer besonderen physikalisch-biologischen Eigenart: Wie bei einem einfachen Fotoapparat, der Camera obscura, erscheint im Auge auf der Netzhaut ein verkleinertes, seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Bild der Wirklichkeit.
Da Buchstaben und Schriftzeichen nicht sinnlich erfahren werden, ist das Kind allein auf diesen visuellen Wahrnehmungsinhalt angewiesen und übernimmt unbewusst das nur über das Auge vermittelte Bild der Wirklichkeit. Dieses Bild ist – der physikalischen Gesetzmäßigkeit folgend – ein auf dem Kopf stehendes Spiegelbild.
Oft zeichnen Kinder auch Dinge, die sie nicht näher kennen, auf dem Kopf stehend. Dabei handelt es sich um das gleiche Phänomen. Das Kind hat die Umgangsqualitäten des Gegenstandes noch nicht mit allen Sinnen erfahren. Später, wenn es über mehr konkrete Raumerfahrungen verfügt, stellt es die Dinge anders dar, nämlich »richtig« herum.
Wahrnehmen als ganzheitlicher Verarbeitungsprozess – vom Greifen zum Begreifen
Von Geburt an wird das Wahrnehmen durch das Zusammenspiel aller Sinneseindrücke gefördert: Gegenstände riechen, schmecken, hören, fühlen und sehen. All diese Umgangsqualitäten formen das Bild der Wirklichkeit. Es existiert also kein optisches Abbild, sondern ein durch viele Eindrücke erfahrenes Handlungswissen über die Welt mit all ihren Dingen.Vorstellungen bestehen aus vielen unterschiedlichen ästhetischen Eindrücken. Erst allmählich bilden sich konstante Gegenstände mit eindeutigen Eigenschaften heraus.
Das Vorschulkind verfügt über ein Handlungswissen von der Welt. Aber seine Vorstellungswelt ist noch auf Anschauung angewiesen. Erst mit der Fähigkeit zu unterscheiden entsteht das abstrakte Denken.
Mit den Schreibübungen befindet sich das Vorschulkind genau in der Umbruchphase vom anschaulichen zum abstrakten Denken. Es springt in seinen Schreib- und Zeichenübungen zwischen den unterschiedlichen Erkenntniskräften hin und her, ist innerlich angespannt und zerrissen. Alte, bewährte Denkweisen werden von neuen überlagert und regelrecht überflutet. Es kennt sich nicht mehr aus mit sich und seinem bisherigen Verhalten, ist zutiefst verunsichert – typisch für eine Umbruchphase. Neues bahnt sich an, Altes wird über Bord geworfen.
In dieser Phase der Unsicherheit braucht das Kind Unterstützung und Hilfe. Geeignet sind Methoden und Angebote, die beide Denkweisen unterstützen und je nach Bedarf fördern. Dies ermöglicht eine ästhetische Bildung, die bei der ganzheitlichen Wahrnehmung ansetzt und langsam zum abstrakten Denken führt.
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Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 12/07 lesen.