Zu Besuch in der CheMida in Chemnitz
»Wollt ihr euch mit grünen Hütchen vorstellen?« fragt Monika Päßler die 26 Erst- bis Viertklässler, die einen Vormittag in der CheMida verbringen werden. Vor der Pädagogin steht eine Kiste mit Plastikkappen, nicht größer als ein Daumen – das Begrüßungsgeschenk für die Kinder. Einige Mädchen stecken sich die Hütchen auf die Finger und spielen mit ihnen wie mit Fingerpuppen. Andere Kinder bauen eine Pyramide oder nutzen die grünen Kappen, um ihre Namen zu schreiben. Die Horterzieherin wird ungeduldig. »Wollen wir die Runde nicht abkürzen, damit die Kinder die CheMida kennen lernen?«
Schon verteilen sich Mädchen und Jungen in den einstigen Ladenräumen. In offenen Regalen liegen Stoffe, Dosen und Deckel, verschiedene Papiere und Hölzer farblich geordnet bereit. Doch die Hütchen sind immer noch interessant. Einige Kinder bauen Konstruktionen mit ihnen. Andere tupfen vor dem Overhead-Projektor gefärbtes Wasser in geriffelte Plastik-Formen ehemaliger Gebäckschachteln, mischen gelbe und blaue Farbe und sind entzückt von dem Farb- und Lichtspiel. »Es ist eine Art des Sich-Verliebens, das wechselseitig zunimmt, eine Art Flirt zwischen dem Kind und dem Objekt«, kommentiert ein Zitat von Conrad Lay auf einem CheMida-Poster das konzentrierte Treiben der Kinder.
Die eigene Identität
»Das ist meine Farbe, mein Gelb!« In einem abgedunkelten Raum stellen die Kinder einander vor, was ihnen wichtig ist. Jedes Kind will mit seiner Idee gesehen werden. Immer wieder geht es um Identität, um Einzigartigkeit. »In der Fabrik, in der der Stoff hergestellt wird, arbeitet meine Oma«, sagt ein Kind.
Den Verschnitt von Stoff-Jalousien formt ein Mädchen zu einer Blume. Eine anderes greift die Idee auf, entscheidet sich dann aber für eine Treppe. Zwei Jungen bauen aus alten Weberei-Spulen, Büchsen und Papprohren ein Fernrohr. Oder ist es eine Pumpstation?
»In der Zeit, in der Bildung und Erziehung zur Nachhaltigkeit immer mehr Bedeutung erlangen, Rohstoffe teuer zu erwerben sind, die öffentlichen Haushalte über weniger finanzielle Mittel für soziale Dienstleistungen verfügen, gilt es, über neue bildungspolitische Ansätze ebenso nachzudenken wie über den effizienten Rohstoffeinsatz«, steht in der Konzeption der CheMida. Sie will nicht nur eine Werkstatt sein, in der mehr Raum und Material als in Kita und Hort vorhanden sind. »Wir verstehen uns als Material-Begegnungsstätte«, betont Anke Ludwig, die im Fachberatungskompetenzteam Kita der Stadt Chemnitz arbeitet.
2009 reiste sie mit anderen Pädagogen nach Reggio Emilia und erlebte, dass sich ein Gemeinwesen, dessen Größe und Infrastruktur Chemnitz ähnelt, im Interesse der Kinder und des Nachwuchses positioniert. Doch auch die sächsische Industriestadt hat in diesem Zusammenhang etwas aufzuweisen. Diejenigen, die sich um Kinder kümmern, kooperieren. Kita-Teams unterstützen einander beispielsweise bei der Arbeit mit Lerngeschichten.
»Die Idee der Remida faszinierte uns«, erinnert sich Anke Ludwig. Mit den Fachberaterinnen der Stadt entwickelte sie eine Konzeption für die Che-Mida, die sich auf den Sächsischen Bildungsplan bezieht. Auch in Sachsen sollte Midas agieren, der König aus der griechischen Mythologie, unter dessen Händen sich alles in Gold verwandelte.
Der Namen »CheMida« verweist auf die Inspiration aus Italien, betont aber zugleich Eigenständigkeit. Zwar ist die CheMida mit Remidas in Italien und Deutschland vernetzt, doch keine von Reggio zertifizierte Einrichtung. Die Kom-mune fördert die Begegnungsstätte, unterstützt von einem Netzwerk, in dem die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer und die Technische Universität Chemnitz, der Künstlerbund, Theater- und Medienpädagogen vertreten sind.
Barbara Leitner
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CheMida
Monika Päßler
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09111 Chemnitz
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Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 03/13 lesen.