Gedanken zur Idee eines Gute-Kita-Gesetzes
Anfang Mai sorgte eine Pressemeldung des Deutschen Kinderhilfswerkes (DKHW) für Aufmerksamkeit. Unter der Schlagzeile »Verbesserungen der Kita-Qualität dürfen kein Stückwerk bleiben« äußerte sich der politische Verband zum Entwurf des Gute-Kita-Gesetzes der neuen Bundesregierung. Barbara Leitner sprach aus diesem Anlass mit Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Wieso äußert sich das DKHW zum Gute-Kita-Gesetz?
Wir setzen uns für die Interessen von Kindern ein, egal wie alt sie sind. Dort, wo es möglich ist, streiten Kinder selbst für ihre Angelegenheiten oder die Eltern in ihrem Auftrag. Wir können es besonders gut auf der bundespolitischen Ebene und erheben die Stimme, wenn die Belange von Kindern berührt sind – deshalb auch beim Gute-Kita-Gesetz.
Welche Expertise bringt das DKHW in diesem Feld mit?
Das DKHW hat keine eigenen Einrichtungen. Dennoch wirken wir mit unseren Projekten sowie Fach- und Bildungsprogrammen in den Kitas mit. Vor mehr als zehn Jahren starteten wir in Schleswig-Holstein die »Kinderstube der Demokratie«. Mit dem Programm werden ErzieherInnen unterstützt, die Beteiligung von Kindern an ihren Alltagsangelegenheiten zu organisieren. Mittlerweile findet es bundesweit Verbreitung und gegenwärtig ergänzen wir den Ansatz durch ein vom Bund gefördertes Programm zur Vielfaltspädagogik. Außerdem veröffentlichten wir im Herbst 2017 eine Studie, die untersuchte, ob menschenfeindliches Gedankengut, wenn Eltern dies äußern, in die Kitas gelangt. Wir fragten z.B. was ErzieherInnen tun, wenn Eltern sagen, sie wollen nicht, dass ihr Kind mit einem Kind mit Migrationshintergrund spielt.
Was haben Sie herausgefunden?
Wir befragten ErzieherInnen in Thüringen und Sachsen. Nach unserer Studie agieren sie sensibel, reflektiert und setzen sich für ein demokratisches Miteinander ein. Ein gutes Ergebnis. Gleichzeitig bemängeln die ErzieherInnen, dass es wenig Strukturen gibt, die sie unterstützen und den Teams helfen, gemeinsame Antworten zu finden. Es wäre hilfreich, wenn die ErzieherInnen beispielsweise Supervision bekämen, um zu üben, wie sie in verschiedenen Situationen ihre Haltung vertreten können.
Deshalb wird ein Bundesqualitätsgesetz mit großen Hoffnungen erwartet. Was davon hält das Gute-Kita-Gesetz?
Natürlich freut uns, dass die neue Familienministerin Franziska Giffey die Arbeit von ihren Vorgängerinnen Manuela Schwesig und Katarina Barley fortsetzt und ein Gute-Kita-Gesetz bei ihr Vorrang hat. Gleichzeitig klingen die ersten Vorstellungen eher beliebig. Sowohl inhaltlich wie finanziell bleiben die bisher geäußerten Rahmendaten weiter hinter dem zurück, was zunächst über das Bundesqualitätsentwicklungsgesetz verhandelt wurde.
Betrifft KINDER berichtet seit 2015 über verschiedene Etappen des Prozesses.
Es ist sehr positiv, dass es einen langen Diskussionsprozess der Kita-Träger, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften und Ministerien in viele Arbeitsgruppen gab, in denen über Qualität in der Kita gesprochen wurde. Dabei hieß es von Fachleuten in der zurückliegenden Legislaturperiode noch, dass 5 Mrd. Euro jährlich notwendig seien, um die Kitas wirksam zu verbessern. Jetzt ist von 3,5 Mrd. Euro für die gesamte Wahlperiode die Rede. Momentan sind wir weit von dem entfernt, was noch von der Familien- und Jugendministerkonferenz im Frühjahr 2017 in Aussicht gestellt wurde.
In Ihrer Pressemitteilung heißt es: »Es besteht die Gefahr, dass einzelne Bundesländer ihnen nicht genehme Kriterien ausblenden.« Was meinen Sie damit?
Die Länder wehren sich gegen ein bundeseinheitliches Qualitätsgesetz. Sie wollen sich nicht in ihrer Autonomie beschneiden lassen. Die Angst ist teilweise nachvollziehbar. Würde der Bund ein Bundesqualitätsgesetz mit beispielsweise fünf klar definierten Qualitätskriterien verabschieden, müssten vielleicht einige Bundesländer – da die Bedingungen so verschieden sind – ihre Standards absenken. Andere Länder benötigen sehr viel Geld, um Qualität aufzubauen. Gleichzeitig wollen jene Länder mit besserer Qualität natürlich nicht weniger aus dem Topf der Bundesmittel. So erkläre ich mir die Not des Bundesministeriums, die Entscheidung den Ländern zu überlassen, in welchem Qualitätsbereich sie sich entwickeln wollen. Dennoch ist es für mich nicht der richtige Weg, weil wir befürchten, dass sich jedes Land nach Belieben Rosinen herauspickt. Die einen entschieden sich dann, in Supervision zu investieren. Anderen nutzen das Geld für die Beitragsfreiheit für die Eltern. Damit wird das Gesetz nicht dem gerecht, was es ursprünglich beabsichtigte: Überall in Deutschland gleiche, gute Bedingungen in den Kitas herzustellen. Ich befürchte, dass die Unterschiede mit diesem Gesetz eher vergrößert werden.
Holger Hofmann ist Sozialarbeiter von Beruf und Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Kontakt
Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 05-06/18 lesen.