Mathematische Blickschulung
Als drei Erzieherinnen des Eigenbetrieb Kindertagesstätten Offenbach im Programm »EmMa – Erzieherinnen und Erzieher machen Mathematik« bewusst wurde, dass Kinder jede Menge Mathematik praktizieren, ohne jemals darin unterrichtet worden zu sein, veränderte sich ihr Bild vom ungeliebten Schulfach. Was sie aus dem Programm mitnahmen und welche Impulse sie damit bei den Kindern setzten, beschreiben Christine Kress, Rebecca Najjar und Karin Stephan.
Wenn wir drei eines gemeinsam haben, dann, dass Mathematik nicht unser Lieblingsfach war und sich keine gern an den trockenen Lehrstoff, das Auswendiglernen von Formeln und das Gefühl, irgendwie den Anschluss verpasst zu haben, erinnert. Die Fortbildung EmMa veränderte mit vielen Aha-Erlebnissen unser Bild von Mathematik und unseren Blick auf Mathematik. Wir erkannten, dass viel mehr Mathematik in unserem Alltag steckt, als uns bewusst war und wie wir diese bei den Aktivitäten der Kinder sprachlich begleiten können. Seit wir uns von dem Gedanken, dass mathematische Begriffe für Kinder im Elementarbereich zu komplex sind und sie damit nichts anfangen können, befreit haben, können wir gar nicht mehr genug davon bekommen, mit den Kindern Mathematik zu entdecken. Weil jede von uns andere Leidenschaften hat, leben wir unser neues Matheverständnis in unseren jeweiligen Kitas unterschiedlich aus. Doch so unterschiedlich unsere Projekte mit den Kindern sind: Jedes Beispiel erzählt nicht nur von unseren, sondern auch von den Ideen der Kinder und davon, dass vor allem bei Mathematik nicht immer das Ergebnis das Ziel ist, sondern der Weg.
Wie viele Kinder ist die Tür?
In der Kita Mathildenstraße beantworteten wir die Frage von Ibrahim und Ibtissam »Wie groß bin ich?« mit der Frage »Habt ihr Lust, Gegenstände in der Kita zu suchen, die genauso groß sind wie ihr?« Selbstverständlich hatten sie Lust! Ihr erster Gedanke war, herausfinden zu müssen, wie groß sie selbst eigentlich sind. Ibrahim schlug vor: »Jetzt musst du uns erst mal messen!« Ich fragte die Kinder, wie ich das denn machen soll. Ihr erster Vorschlag war, ein Lineal aus dem Atelier zu benutzen, und schon liefen sie los. Zurück kamen sie mit Nina im Schlepptau, die sie unterwegs getroffen hatten, und einem Lineal von 30 cm Länge. Ich scherzte: »Na, ihr seid ja winzig.« Ibrahim lachte und war der Meinung, dass ich natürlich das Lineal öfter verwenden müsse. Daraufhin ließ ich mir zeigen, wie er das meinte. Ibrahim legte das Lineal an den Füßen Ibtissams an und versuchte sich zu merken, wo er erneut ansetzen muss. Dabei stellten die Kinder fest, dass das Messen mit diesem Lineal alles andere als einfach war. Es war einfach zu kurz.
Christine Kress, Rebecca Najjar und Karin Stephan sind Erzieherinnen des Eigenbetrieb Kindertagesstätten Offenbach. 2018 bzw. 2019 nahmen sie am Programm »EmMa – Erzieherinnen und Erzieher machen Mathematik« teil.
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Den vollständigen Beitrag und weitere Artikel zum Thema können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 07-08/2022 lesen.