Die Projektgruppe – bestehend aus Olmes Bisi, Davide Boni, Paola Cagliari, Giovanni Piazza, Maddalena Tedeschi und Vea Vecchi – stellt ein neues Forschungsprojekt in Reggio/Emilia vor
Das »Lichtstrahlen«-Atelier wurzelt in der 40-jährigen Erfahrung, die man in Reggio Emilia mit Bildungseinrichtungen gemacht hat (vgl. »KINDER in Europa« Ausgabe 6). Das Atelier führt originelle und außergewöhnliche Forschungsprojekte durch, die dazu beigetragen haben, Reggio Emilia zu einer wichtigen Erfahrung für alle zu machen, die irgendwo auf der Welt mit Fragen von Kindheit und Bildung zu tun haben.
»Der Sturm kann das Sonnenlicht brechen, das plötzlich ausgeschaltet ist.« (Martina Angela, 4)
Im Atelier, das sich im Internationalen Loris-Malaguzzi-Zentrum befindet, arbeitet ein multidisziplinäres Projektteam, zu dem »Atelieristas«, Pädagogen und Wissenschaftler von der Universität von Modena und Reggio Emilia gehören. Es ist für Kinder, Jugendliche, Lehrer und Familien geöffnet, als Ort der Forschung, der Experimente und des Eintauchens in eine Umgebung, in der das Licht in seinen verschiedenen Formen erlebt und erforscht werden kann – mit der Wahrnehmung, den Gefühlen und dem Verstand.
»Es gibt ein paar kleine Punkte, die sich sehr schnell bewegen und Licht geben; sie stoßen gegeneinander und sie verletzen sich sogar.«
(Claudio, 3)
Das Atelier ist ein offener Ort – offen für verschiedene Ideen, Aktionen, Erkenntnisse und Methoden. Es bezieht die Menschen in die Aktivitäten ein, es provoziert Neugier, Freude, Spiel, Unterhaltung, Staunen. Das Atelier wirkt ästhetisch anregend – es ist schön und aufregend für unsere Sinne. Und es bietet einen Raum, um neue Lehrmethoden für die Wissenschaft zu erforschen.
»Du kannst das Licht nicht mit den Händen fangen. Wenn du dich auf das Licht lehnst, verschwindet es unter dir.« (Francesca, 5)
Das Atelier wurde für interaktive Erkundungen und Experimente – einzeln oder in der Gruppe – geplant. Es geht dabei um Phänomene und Konzepte aus der Physik: Reflexion, Lichtbrechung und -beugung, Polarität und Sättigung, Spektrum und Farben des Lichts (von Infrarot bis zu ultravioletten Wellen). Diese Phänomene werden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mittels spezieller Inhalte und Instrumente – Illuminatório genannt – nahegebracht, sie sollen diese Erscheinungen wahrnehmen und erkunden. Illuminatório ist eine »Umgebung in der Umgebung«, in der alle Besucher eingeladen sind, mit Licht zu experimentieren, das verwandelt und immer spektakulärer gemacht werden kann. Dabei werden Variationen genutzt, die nicht im Voraus geplant wurden. Diese Variationen werden als Antwort auf Neugier, Fragen und Hypothesen entwickelt – von einer einzelnen Person oder einer Gruppe. Auf diese Weise kann jeder das Licht erkunden und verwandeln und dabei eine originelle Produktion aus Erscheinungen, Zeichen, Worten, Zeichnungen, Bewegung, Musik und anderem erschaffen.
»Wenn du das Licht fängst …, bleibt es in deiner Hand, aber es ist weich und rutscht zwischen den Fingern hindurch.« (Marco, 5)
Wissenschaftliche Workshops wollen – und fördern – oft, dass mittels eines Modells aus Impuls und Reaktion gelernt werden soll. Das geschieht so: Eine vorher bestimmte Demonstration eines Phänomens führt zur »richtigen« – und schon vorher bekannten – Antwort.
Im Gegensatz dazu will das Lichtstrahlen-Atelier ein Ort der wirklichen Forschung sein: Gesucht und geforscht wird nach Kenntnissen über ein ganz besonderes Objekt, das Licht; nach der Intelligenz von Kindern und Erwachsenen, die lernen, und nach den verschiedenen subjektiven Formen des wissenschaftlichen Denkens; nach den günstigsten Bedingungen, damit das lernende Subjekt seine Sicht auf die Welt weiterentwickeln kann.
»Licht geht hierhin und dorthin, es steigt auf, wenn sie die Wand erreichen, steigen sie auf und dann kommen sie zurück … während sie sich bewegen, sind sie ruhig, aber sie springen, wenn sie zurückkehren.« (Susanna, 3)
Jerome Bruner machte eine sehr interessante Feststellung über die Wissenschaften: »Die berühmten Paradigmenwechsel, die während wissenschaftlicher Revolutionen vor sich gehen, … verraten die Tatsache, dass die sogenannten Daten der Wissenschaft konstruierte Feststellungen sind, bei deren Entstehung man schon einen bestimmten Gesichtspunkt im Sinn hat … Die Feststellungen, die die Wissenschaftler ersinnen, sind geschaffen, um zu bestimmen, wie gut diese Stückchen der fiktionalen Wissenschaft in die Natur passen.«
Das sind die Prozesse, die das Atelier gern anregen und stimulieren würde. Dabei ist man sich bewusst, dass Kinder neugierig auf die Welt sind, und zwar mehr als Erwachsene.
Um die wichtigsten Ideen des Ateliers deutlich zu machen, dokumentieren wir (blau unterlegt) Beobachtungen und Theorien über das Licht. Sie kommen von Kindern, die im Atelier gearbeitet haben.
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