In der städtischen Kindertagesstätte Valldaura (Barcelona) verbringen Kinder und PädagogInnen die meiste Zeit draußen. Das Team berichtet, wie die pädagogische Arbeit im Freien hilft, umweltfreundliche und nachhaltige Ansichten und Gewohnheiten zu fördern.
Wir Menschen haben das Bedürfnis, unsere Verbindung zur Natur aufrechtzuerhalten. Das merken wir daran, dass der enge Kontakt zur Natur uns einfach guttut. Das Leben in der Stadt aber entfernt uns von unseren natürlichen Ursprüngen: Instinkte und Beobachtungsgabe verschwinden, ebenso die intensive Wahrnehmung von Erde, Wasser, Luft und verschiedenen Gerüchen. Das Bedürfnis nach einer nachhaltigen Lebensweise motiviert uns, eine Kindertagesstätte wie unsere in Valldaura zu betreiben.
Unter freiem Himmel
Unser Kita-Projekt lebt von der Besinnung auf die Umwelt und darauf, wie es gelingen kann, eine Atmosphäre zu schaffen, die die Verbindung zwischen Kindern und Natur fördert. Daher hat unsere Einrichtung Freiflächen, die es uns ermöglichen, den größten Teil des Tages unter freiem Himmel zu verbringen. Der hohe Wert, den wir auf diesen Außenbereich legen, ergibt sich daraus, dass wir ihn nicht, wie üblich, dem Innenbereich unterordnen. Ob Sommer oder Winter – soweit das Wetter es irgend zulässt, machen wir draußen, was normalerweise drinnen passiert.
Dabei kommt uns das mediterrane Klima zugute. Wir stellen Markisen auf, die vor zu viel Sonne und vor Regen schützen, und bei Kälte packen wir uns warm ein. Auf diese Weise können wir fast immer im Garten sein. Auch die Mahlzeiten werden draußen eingenommen. Im Winter tragen wir dabei Jacken – manchmal brauchen wir sie zur Mittagszeit nicht einmal.
Die Familien der Kinder sind es gewohnt, im Garten begrüßt zu werden und sich dort zu verabschieden. Außerdem gibt es im Tagesablauf keine festen Anfangs- und Schlusszeiten. Familienmitglieder können mit den Kindern hereinkommen und den größten Teil des Tages bei ihnen bleiben. Das offene Konzept der Kita ermöglicht es den Kindern, mit anderen Kindern aus verschiedenen Altersgruppen als auch mit den verschiedenen Familien zu interagieren.
Kinder sollten keine Chance verpassen, die intellektuellen, emotionalen und körperlichen Fähigkeiten zu entwickeln, die ein direkter Kontakt zur Natur bietet. Bei uns können sie experimentieren, beobachten und Situationen lösen oder herausfordern. Wir sehen die Kita als Motor für gesellschaftliche Veränderungen; mit kleinen Alltagshandlungen können wir dazu beitragen, das ökosoziale Bewusstsein zu schärfen und Verbindungen zu anderen Teilen der Gesellschaft herzustellen. Wir bieten Zeit und Raum für Austausch. Das hat zu einem Kita-Projekt geführt, das es Familien leicht macht, Netzwerke aus Freundschaft, Solidarität und Know-how aufzubauen. Darüber hinaus verwaltet unsere Elternvereinigung den Garten und nutzt ihn außerhalb der Kita-Öffnungszeiten auch für andere Zwecke.
Wohlbefinden
Unter freiem Himmel verändert sich unsere Wahrnehmung von Zeit. Eine offene Einrichtung, die in verschiedene Bereiche unterteilt ist, fördert die kreative Gestaltung von Beziehungen und das freie, autonome und spontane Spiel. Davon profitiert die neurophysiologische Entwicklung der Kinder.
Das Spiel mit natürlichen Materialien und Spielzeug aus recycelten Gegenständen tragen dazu bei, den respektvollen Umgang mit der Umwelt zu fördern. Auch die Art der Raumnutzung ist sehr wichtig: Eine durchdachte Gestaltung mit vielen Pflanzen, Baumstämmen, Aussichts- und Ruheplätzen laden die Kinder ein, ihre eigenen Räume zu gestalten, »weg von den Erwachsenen«, und ihre Fantasie zu stimulieren sowie ihre Fähigkeit, mit Emotionen und auch Überraschungen umzugehen.
Unsere Umgebung ändert sich, wenn wir die natürlichen Bedingungen verändern. In unserer Kita verfügen wir in Hülle und Fülle über Materialien wie Sand, Pflanzen und Blätter und Früchte, die von den Bäumen fallen. Wir spüren die Wirkung von Sonnenlicht und Schatten, und verschiedene Tiere stellen sich ein. All das schärft die Aufmerksamkeit und Wahrnehmungsfähigkeit der Kinder und bietet uns Gelegenheit, an Werten wie Selbstwertgefühl, Kooperation, Selbstbe-herrschung usw. zu arbeiten. Durch Wetterveränderungen und Jahreszeiten, die unser Garten erlebbar macht, kann auch der Lauf der Zeit gespürt und kreativ begleitet werden. In kleinen, aber stetigen Schritten bauen wir damit eine größere Sensibilität gegenüber der Erde auf und passen immer wieder kleine Alltagsgewohnheiten an, um die Umwelt zu schonen.
Das Essen im Freien geht über die Intimität und die Dialogmöglichkeit, die Mahlzeiten normalerweise mit sich bringen, hinaus. Es bietet sich an, über die Beziehung zwischen Nahrung und ihrer Herkunft zu sprechen: über den Salat aus dem Garten oder darüber, was die Vögel im Garten fressen. Oft genießen wir auch einfach einen gemeinsamen friedlichen Moment unter den Bäumen.
Jede Altersgruppe hat ihre eigenen Abläufe für das Essen im Garten. Wir erzählen den Familien der Kinder über die Bedeutung des Essens im Freien, das Wohlbefinden, das es mit sich bringt, und welche Bedingungen dafür erfüllt sein müssen. Die gute Zusammenarbeit mit den Familien ist entscheidend für unser Kita-Projekt, weshalb wir ihnen ermöglichen, an den Abläufen teilzunehmen. So können sie sie besser verstehen.
Das Team der Kindertagesstätte Valldaura: Maria Arribas, Maria Jesús Echeverria, Laura Fernàndez-Cavada, Neus Garcia, Teresa Gené, Jeanne Hansen, Lourdes Pujalte, Ona Vargas.
Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe KINDER in Europa heute 02/19 lesen.